Sonntag, 6. April 2014
Kupfererz, Eisenbahn und ein Gouverneur


Kolwezi ist von riesigen Tagebauen umgeben, denn um die Stadt liegen die reichsten Kupferverkommen der Welt. Das hatten schon die belgischen Kolonisten erkannt, als sie Anfang der 20. Jahrhunderts Bodenproben entnahmen. Die 1906 unter Beteiligung des raffgierigen und äußerst brutale Methoden erlaubenden Königs Léopold II. gegründete "Union Minière du Haut Katanga" erschloß die Kupfer- und sonstigen Erzvorkommen um Kolwezi, und in diesem Zusammenhang wurde Kolwezi gegründet. Die Stadt ist ordentlich aufgeteilt: hier die Kolonialhäuser, noch heute mit hübschen Hecken umgeben, unten in der Mine die Häuser für Häuer und Steiger. Mit der "Union" ging es nach der Machtübernahme durch Joseph Désiré Mobutu (später nannte er sich "Mobutu Sese Seko Kuku Ngbendu wa Zabanga") vor allem ab den 70ern Jahren stark bergab: sie wurde verstaatlicht, in "Gécamines" umgetauft, und von Mobutu, seinem Clan und seinen Satrapen gerupft, geplündert und abgewirtschaftet. Auch Kolwezi verkam. Doch seit 2003 erlebt die Stadt seit einigen Jahren einen Boom: angelockt von hohen Kupfer- und Coltanpreisen, stehen chinesische, indische, libanesisch, australische, südafrikanische und auch nordamerikanische Unternehmen Schlange, um hier ausbeuten zu dürfen. Kolwezi lebt wieder! Und es zieht aus anderen Provinzen des Kongo jede Menge Menschen an, die im Bergbau hoffen Arbeit zu finden. Mit Spitzhacke, Spaten und Plastiklatschen ausgestattet graben sie illegal in den Resten der "Gécamines"-Tagebaue nach Kupfer und Uran. Letzteres ist verboten, daher sehr gefragt (laut Bettina Rühl im DLF). All das Kupfer wird vor Ort verhüttet und außer Landes gefahren. Auf dem Landweg! Und hier kommt die Eisenbahn und der Gouverneur ins Spiel: ganz und gar kolonialistisch hatten die Belgier auch daran gedacht und die Infrastruktur bis zum Meer ausgebaut. Die Eisenbahn funktioniert schon lang nicht mehr, obwohl noch immer dort tausende Kongolesen jeden Tag arbeiten. Anscheinend ist dieser Umstand dem hochgelobten Gouverneur der Provinz nicht unrecht: er besitzt quasi ein Monopol auf alle schweren Landtransporte und verdient bei (fast) jedem Kupfertransport mit. Da soll eine funktionierende Eisenbahn bitte nicht stören!

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Samstag, 5. April 2014
Die Rache des Abu Bakr


Er stellt sich uns als Abu Bakr vor, kommt aus Mali und hat Oberarme mit dem Durchmesser von Oberschenkeln. Um seinen Hals trägt er schätzungsweise 20 kg verschiedenster Steinketten. Als wir ins Gespräch kommen und ihn zu einem Malzbier (I'm a good muslim!) einladen, legt er die Ketten auf unseren Tisch, der dabei bedenklich ächzt. An Handel ist Abu Bakr interessiert, doch sind seine Preise beträchtlich: für eine Kette, garantiert aus Bernstein, will er 1500 Dollar haben, für eine Kette aus weiß-blau gemusterten Steinen gar über 10.000! Unsere lächerlichen Versuche, ihn auf Beträge herunterzuhandeln, die weniger Nullen haben, schlägt er überlegen aus. Wie kann es sein, frage ich mich, dass jemand am Strand von Accra mit einem Vermögen um den Hals vollkommen ruhig herumläuft, das reichen würde, um in bester Stadtlage eine Villa zu kaufen? Abu Bakr, so sagen wir uns, hat es nicht nötig, zu verkaufen. Irgendwann geht er und wir bringen via Smartphone über die blau-weißen Perlen in Erfahrung, dass sie auf US-amerikanischen Websites für 50 cent das Stück zu haben sind. Abu Bakr, ein Scharlatan? Oder nimmt er nur Rache im Namen seiner Vorfahren, denen die Franzosen für Feuerwasser und Glasperlen kostbares Land abgejagt haben? Falls das so ist, dann bist du Abu Bakr, unser Held!

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Freitag, 15. November 2013
Wellkamm tuh Tchörtsch!


"There is no money in the system. Government chop money rough-rough!" beklagt sich der Taxifahrer. Er hat bestimmt recht: das Geld ist allgemein knapp, die Inflation hat kräftig zugelegt und die Regierung denkt beim Geldausgeben zuerst an sich, ihre Familien, ihre extended families und erst lange danach an die Allgemeinheit. Die Tessano Baptist Church, deren Gottesdienst ich neulich besuchen durfte, aber weiß: weder Gott noch Regierung geben uns Geld. Wir müssen uns das selbst besorgen. Im dreistündigen Gottesdienst, der seine Klimax in einer ausführlichen Predigt über die Kirche und die Notwendigkeit der Mission fand, ging es irgendwann auch ums Bare. Und das nicht so verschämt wie in Mitteleuropa, wo der Klingelbeutel von Hand zu Hand geht und ein wenig Kleingeld geopfert wird. "This is not the time to get rid of your petty cash! This is the time to make your church thrive!", rief ein gutgekleideter, eloquenter Geldeintreiber vom Podium ins Mikrofon. Auf der drei Meter hohen Leinwand liefen zur Einstimmung auf das Kirchensteuermodul im Gottesdienst Motivationsfilme aus den USA, die die Notwendigkeit zum Spenden noch steigern sollten. Die Abgabe von 10% des monatlichen Einkommens ist nicht nur üblich, sondern wird sogar überprüft. Jeder hält seinen personalisierten Briefumschlag hoch, um ihn dann dem Kirchensteuer-Buchhalter zu übergeben. Und der schreibt jeden Cedi auf. Alle machen begeistert mit, es ist ja für die "church". Hallelujah!

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