Donnerstag, 28. Juli 2011
Ein großer Gauner


Dieser Mann ist nicht irgendein Afghane. Angeblich ist er ist der einzige professionelle Pokerspieler der islamischen Welt, wo Pokerspielen eigentlich streng verboten ist. Er gewann international renommierte Pokerpreise. Aktuell steht er unter Hausarrest, allerdings eher wegen hauptberuflicher Pokerei. Mister S. Farnoud war Präsident und Haupteigner der 2004 gegründeten Kabul-Bank, die für ca. 300.000 afghanische Staatsangestellte die Konten verwaltet. Das Geschäft muss einträglich sein. Wer kennt die AGB's, die Depot- und die Kontoführungsgebühren der KabulBank? Das gute Geschäft war jedoch nicht aufgrund eines fairen Wettbewerbs zustande kommen. Zuvor hatte Farnoud nämlich umfangreiche Gelder für den Wahlkampf des aktuellen afghanischen Staatsoberhaupts Karzai eingetrieben und damit entscheidend zu dessen Wiederwahl beigetragen. Für Karzais Bruder und andere hohe Tiere nahm er in seiner Eigenschaft als Bank-Präsident Gelder entgegen und investierte diese in millionenschwere Immobilienobjekte in Dubai. Diese exklusiven Strohmanndienste waren sicher nicht zum Schnäppchenpreis zu haben. Der Pokerspieler dazu: "What I'm doing is not proper, not exactly what I should do. But this is Afghanistan." Aha.

Aber auch die Bankgeschäfte führte F. nicht so, wie man das von einem Anteilseigner erwarten würde. Der herrschenden afghanischen Mikroelite wurden umfangreiche Kredite zum Zwecke des Immobilienerwerbs in Dubai und überall dort, wo es schön ist und wo man gut Geldreinigungsgeschäfte tätigen kann, zugeschanzt. Mit der Rückführung der Kredite nahm man es nicht genau und so war das gedacht. Das war für die junge Bank irgendwann zuviel: 2010 stand das Geldhaus vor der Zahlungsunfähigkeit. Gerüchte schwirrten durch Kabul, und die vielen Polizisten und Staatsbeamten fürchteten, ihr Geld nicht mehr abheben zu können. Die Unruhe im Land war beträchtlich, wie ein internationaler Rettungsfondmanager richtig beobachtete: "Die Menschen werden hier nicht mit einem Becher Latte Macchiato in der Schlange warten, sondern mit einer Kalashnikow am Schalter auftauchen!"

Die afghanische Haute Volée Économique à la Karzai und Farnoud wusste den richtigen Ausweg: "America must do something!" Es tat, es zahlte. Die Immobilien in Dubai und überall dort, wo man gute Geldreinigungs- sowie andere Geschäfte tätigen kann, sind - zumindest für's Erste - gerettet.

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Mittwoch, 27. Juli 2011
Fayzabads Fluten
Die Stadt Fayzabad, im afghanischen Nordosten im Wilayat Badakhshan, liegt am reißenden Fluß namens Koltschak. Zwar sind die Hügel karg, doch der Ort ist herrlich grün.

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Der Fluß fließt in einem mehrere hundert Kilometer langen Wadi in den Amu-Darja, und an seinen Ufern wird viel angebaut: Reis, Weizen, Wein.
Wenn man aber in der Stadt herumläuft, erkennt man schnell, dass innerhalb Afghanistans selbst große Unterschiede in wirtschaftlicher Dimension bestehen: während Herat für Afghanistan so etwas ist wie für uns München, ist Badakhshan das Mecklenburg-Vorpommern Afghanistans. Der Vergleich hat freilich etwas geschmackloses, denn hier herrscht Armut. Dennoch ist die Region friedlich, privater Schusswaffenbesitz wird angeblich restriktiver gehandhabt als in anderen Provinzen. Jeder kennt jeden, man kann kaum etwas machen, was sich nicht bald herumgesprochen hat.

Der Weg nach Fayzabad geht rasend schnell: eine nagelneue Straße verbindet die Nordprovinzen Kunduz, Takhar und eben Badakhshan. Bis vor einem Jahr war das eine Tagesreise, heute braucht man für die Strecke drei Stunden.



Lehmdörfer abseits der Straße lassen nur ahnen, wie schwer das Leben auf dem afghanischen Land ist.

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Donnerstag, 26. Mai 2011
Denkmäler in Afghanistan
In den letzten Jahrzehnten haben in Afghanistan die Menschen schlimm gelitten, und diese Leid ist beileibe für viele Afghaninnen und Afghanen nicht zu Ende. Denkmäler in Afghanistan hatten spätestens seit Beginn der russischen Invasion ebenfalls keinen leichten Stand. Auch danach zeichnete sich kein Ende ab: große Teile Kabuls wurde von Mujjahedin-Milizen schwer zerstört, die Zitadelle von Herat wurde als Militärkaserne benutzt (und daher beschossen) und die Taliban fügten dieser Schändung kulturellen Erbes mit der Sprengung der Buddha-Statuen in Bamyian einen weiteren Tiefpunkt hinzu. Da mag es fast überraschen, dass in Herat vom Ensemble der historischen Minarette (insgesamt 10) noch immer fünf überlebt haben.



Die Stadt und mit ihr der Verkehr wachsen ständig. Bis vor kurzem rumpelte und staubte mitten durch die Minarette der Großstadtverkehr in Gestalt von Lastern, stinkenden Rikschas und knatternden Mopeds. Für die Laster und Autos ist eine Umgehungsstraße gebaut worden, die Mopeds und Rikschas sind durch nichts aufzuhalten. Angesichts der alltäglichen Not genießen Baudenkmäler als Teil des historischen Erbes keine Priorität. Wie lange werden das die restlichen Minarette noch hinnehmen?

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