... newer stories
Mittwoch, 25. Mai 2011
In der VIP-Lounge
ansgarjcordier, 08:59h
Beziehungen sind zweifelsohne in vielen Teilen der Erde von Vorteil. Wie groß der Lebensunterschied für denjenigen mit Beziehungen gegenüber demjenigen, der keine hat, hier in Afghanistan ist, kann ich nur erahnen. In Herat versprach uns der Handwerkerpräsi, sein Bruder sei Chef der Flughafensicherheit. Er könne uns bis unter die Tragfläche bringen. Wie schön, dachten wir uns, vor allem angesichts der kürzlich beschriebenen Erfahrungen am Flughafen von Mazaar. Am Flughafen angekommen, erwiesen sich die Beziehung nicht als tragfähig. Soldaten an zahlreichen Schlagbäumen waren anfangs nur durch längere Diskussion und später gar nicht mehr bereit, uns mit Vorzugsbehandlung durchzulassen. Also doch wieder aussteigen und übers staubige Geröllfeld laufen. Als wir im Flughafengebäude (dessen Größe und Design stark an den Leipziger Flughafen Mockau erinnern) ankommen, beginnen die üblichen Durchsuchungsaktivitäten. Plötzlich taucht aus dem Nichts die jüngere Version des Herater Oberhandwerkers auf, begrüßt uns enthusiastisch und geleitet uns beinahe ohne Kontrolle durch alle Instanzen. Wir dürfen in seinem Büro platznehmen, das angenehm gekühlt ist. Tee wird serviert, und wir erfahren dies und das über die hochfliegenden Pläne des Herater Flughafens, der - geht es nach dem Management - bald dem Flughafen Dubai Konkurrenz machen soll.
Währenddessen bellt der Sicherheitschef immer mal wieder Kontrollrufe und Befehle in eines seiner verschiedenen Funkgeräte, um sich dann mit liebenswertem Gesicht wieder uns zu widmen. Interessantes Detail im Büro: hier in Herat hängt das Bild des 2001 ermordeten Tadschikenkommandeurs Masud an der Stelle, wo eigentlich das Präsidentenportrait hängen müsste. Man fühlt sich in Herat eben als besonderer Teil Afghanistans.
Währenddessen bellt der Sicherheitschef immer mal wieder Kontrollrufe und Befehle in eines seiner verschiedenen Funkgeräte, um sich dann mit liebenswertem Gesicht wieder uns zu widmen. Interessantes Detail im Büro: hier in Herat hängt das Bild des 2001 ermordeten Tadschikenkommandeurs Masud an der Stelle, wo eigentlich das Präsidentenportrait hängen müsste. Man fühlt sich in Herat eben als besonderer Teil Afghanistans.
... link (0 Kommentare) ... comment
Montag, 23. Mai 2011
Glückliches Herat
ansgarjcordier, 21:36h
War schon Mazaar eine andere afghanische Erfahrung, so wird diese von Herat übertroffen. Sicher, die Handwerkervollversammlung hat uns möglicherweise ein wenig 'eingeseift' mit ihrer straffen Tagesordnung, einem autoritären Präsidenten von kleinem Wuchs, und der zahlreichen Teilnahme (60 Gildenvertreter kamen, die insgesamt 7.340 Gewerbevertriebe vertraten). Dennoch fühlt man sich in Herat anders. Die Stadt scheint entgegen der afghanischen allgemeinen Lage eine positive Entwicklung zu erfahren, es wird viel gebaut, Straßen sind frisch geteert und es gibt eine öffentliche Stromversorgung. Bei der Vollversammlung wurde viel gescherzt und gelacht - vielleicht ein Ausdruck der Stimmung?
Am späten Nachmittag dann noch Stadtführung. Herat war einst Hauptstadt eines Reiches, und das sieht man der Stadt trotz aller schlimmen Schicksalschläge an.
Die Blaue Moschee ist großartig, in der Altstadt existieren alte, überdachte Basare, in den Läden werden von handgearbeiteten Blechkisten, Burkas, Pferdezaumzeug, bis hin zu Fahr- und Motorrädern alles angeboten. Traurig für Herat, das es in einem Land liegt, wohin sich Touristen kaum verirren. So wird die Altstadt sicher bis auf wenige Häuser Schritt für Schritt neueren Häusern weichen, was der Ra'is der Handwerkervereinigung fortschrittlich und daher vollkommen richtig findet.
Ein Ort ganz besonderer Art ist Gazar Gah, der "Reinigende Ort", 5 km außerhalb von Herat. Hunderte von Menschen pilgern täglich hierher, um am Grab des Heiligen und Dichters Khoja Abdullah Ansari zu beten. Wie man am Barte des freundlichen Sufi-Ordensmitglieds sieht, scheint die reinmachende Wirkung des Grabes auch vor Bärten nicht haltzumachen.
Das Grab befindet sich in einem Friedhof, der es an baulicher Schönheit mit der Blauen Moschee aufnehmen kann.
... link (0 Kommentare) ... comment
Freitag, 20. Mai 2011
Über dem Salang-Pass
ansgarjcordier, 10:04h
Flugzeugfliegen in Afghanistan - ein überraschendes Abenteuer! Das Flugzeug russischer Herkunft, mit russischem Bordpersonal, russischem Kapitän und dem wenig Vertrauen erweckenden Namen "EastAir", offeriert wenig Aufregendes, von der unglaublichen Enge und zerbrochenen Sitzen einmal abgesehen. Nein, was wirklich aufregend ist, passiert vor dem Flug am Boden. Unser Flugzeug sollte um 6:00 Uhr abfliegen, also waren wir kurz vor 5 Uhr morgens am Flughafen. Die Sonne ging gerade auf, der Flughafen war noch geschlossen. Nach einer Weile Warten vor einer Schranke, rechts und links von den üblichen MG-Nestern samt grimmig dreinblickenden Schützen sekundiert, kam ein ebenso unfreundlich blickender Polizist mit einem Schäferhund. Schnüffelprobe! Das war der Auftakt. Die Schranke ging auf. Nach Passieren der Schranke dann:
- Aussteigen und Leibesvisitation,
- 20 Meter Weiterfahren, dann wieder Warten auf einem Parkplatz,
- Aussteigen und Leibesvisitation Zwei,
- Warten mit allen Fluggästen im einem miserablen Feldzelt mit wenigen Sitzgelegenheiten, wobei ich froh bin, dass wir früh fliegen und nicht Mittags, wenn es hier brütend heiß ist,
- Leibesvisitation Drei und Kofferdurchsuchung per Hand,
- Weiterfahren in den Flughafen selbst - wieder durch mehrere Stacheldrahtverhaue, Polizisten, deren Qualifikation im böse dreinschauen zu bestehen scheint,
- wieder Aussteigen und Warten in einer Schlange - jetzt schon in gleißendem Sonnenlicht um kurz vor 6 Uhr,
- sehr genaue Kofferdurchsuchung,
- Leibesvisitation die x-te,
- zwischendurch kommt irgendein Minister, was bedeutet: die ganze Prozedur gerät ins Stocken, Minister kommt mit großem weißen Geländewagen, begleitet von privaten Sicherheitsleuten, üblich schwer bewaffnet,
- dann endlich: "Einchecken" (sofern man diesen Vorgang so bezeichnen kann),
- nochmalige Durchsuchung,
- Flugsicherheitskontrolle die den Namen nicht verdient,
- Boardingpass vorzeigen,
- Warten im Hangar etc.
Das alles passiert in einem Flughafen, der schon seit Jahren mit internationalen Hilfsgeldern renoviert wird. Bis auf verschiedene Betontorsi ist nichts Zählbares erreicht worden. Bauarbeiten sind nicht zu erkennen. Das Geld ist wahrscheinlich längst in weit geöffnete Taschen geflossen und zum großen Teil ausgegeben, auch wenn in das Projekt involvierte Entwicklungshilfemanager unisono das Gegenteil behaupten.
Diese Zustände verlangen den afghanischen Polizisten - die täglich eine sehr gefährliche Arbeit machen - große Improvisation ab. Kaum zu glauben, dass trotz all dieser Mißstände die russische Maschine nur mit einer guten Stunde Verspätung abhebt. Der Blick aus dem Fenster auf den Hindukush ist großartig.
- Aussteigen und Leibesvisitation,
- 20 Meter Weiterfahren, dann wieder Warten auf einem Parkplatz,
- Aussteigen und Leibesvisitation Zwei,
- Warten mit allen Fluggästen im einem miserablen Feldzelt mit wenigen Sitzgelegenheiten, wobei ich froh bin, dass wir früh fliegen und nicht Mittags, wenn es hier brütend heiß ist,
- Leibesvisitation Drei und Kofferdurchsuchung per Hand,
- Weiterfahren in den Flughafen selbst - wieder durch mehrere Stacheldrahtverhaue, Polizisten, deren Qualifikation im böse dreinschauen zu bestehen scheint,
- wieder Aussteigen und Warten in einer Schlange - jetzt schon in gleißendem Sonnenlicht um kurz vor 6 Uhr,
- sehr genaue Kofferdurchsuchung,
- Leibesvisitation die x-te,
- zwischendurch kommt irgendein Minister, was bedeutet: die ganze Prozedur gerät ins Stocken, Minister kommt mit großem weißen Geländewagen, begleitet von privaten Sicherheitsleuten, üblich schwer bewaffnet,
- dann endlich: "Einchecken" (sofern man diesen Vorgang so bezeichnen kann),
- nochmalige Durchsuchung,
- Flugsicherheitskontrolle die den Namen nicht verdient,
- Boardingpass vorzeigen,
- Warten im Hangar etc.
Das alles passiert in einem Flughafen, der schon seit Jahren mit internationalen Hilfsgeldern renoviert wird. Bis auf verschiedene Betontorsi ist nichts Zählbares erreicht worden. Bauarbeiten sind nicht zu erkennen. Das Geld ist wahrscheinlich längst in weit geöffnete Taschen geflossen und zum großen Teil ausgegeben, auch wenn in das Projekt involvierte Entwicklungshilfemanager unisono das Gegenteil behaupten.
Diese Zustände verlangen den afghanischen Polizisten - die täglich eine sehr gefährliche Arbeit machen - große Improvisation ab. Kaum zu glauben, dass trotz all dieser Mißstände die russische Maschine nur mit einer guten Stunde Verspätung abhebt. Der Blick aus dem Fenster auf den Hindukush ist großartig.
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories