Dienstag, 24. Juli 2007
Entertainment in Arabia Felix
Es ist schon viel darueber gesagt worden, aber auch ich moechte mich gern zu diesen Thema aeussern: was tun junge Leute nach Sonnenuntergang und Feierabend. Im Jemen finden gemeinsame Aktivitaeten - wie in Syrien oder auch in Aegypten vielleicht in manchen Gesellschaftsteilen moeglich - nicht statt. Junge Frauen, sofern sie noch nicht verheiratet sind, bleiben zu Haus. Junge Maenner suchen nach Vergnuegungen. Die aber gibt es in Sana'a nicht. Als taegliches Dauervergnuegen am Nachmittag dient das Qatkauen. Wer sich dem verweigert, wird aehnlich mitleidig angeschaut wie jemand in unserern Gefilden, der kategorisch ablehnt, Alkohol zu trinken.



Was noch als Unterhaltungsort dient, ist das Internetcafe. Mich verwundert und erstaunt immer wieder, was die jungen Maenner sich hier anschauen. Gewaltvideos aus dem Irakkrieg, indische Bollywoodfilme mit leicht bekleideten Taenzerinnen, amerikanische Ballerfilme, wo das Gute stets gegen das Boese siegt - das sind die bevorzugten Genres. Stundenlang wird geschaut, dabei Qat gekaut und kraeftig geraucht. Das macht den Aufenthalt im Internetrauchercafe zu einer Qual, bei der man sogar noch boese Ueberraschungen erleben kann: neulich flog mir eine brennende Zigarettenkippe ins Hemd. Es brannte fuerchterlich. Mein hinter mir sitzender Nachbar hatte sie achtlos weggeschnipst und entschuldigte sich unterwuerfig. Die anderen beiden lachten nur darueber. Jemenitische Schadenfreude?

... link (1 Kommentar)   ... comment


Montag, 23. Juli 2007
Sameer im SIAL
Sameer hat zwar Franzoesisch studiert, sich aber nach dem Studium gesagt, dass es besser ist, Auslaender in Arabisch zu unterrichten als taeglich vor Klassen mit an die 100 Kinder zu stehen und fuer Ruhe zu sorgen. In den jemenitischen Schulen sind zwar mittlerweile alle Lehrer aus dem Jemen - frueher war Lehrersein im Jemen eine Domaene der Aegypter - doch die Klassen sind riesig, und die Lehrer ueberfordert.



Sameer ist ein hervorragender Arabischlehrer, der beste, den ich je hatte. Und er liebt seine Sprache. Nun arbeitet er beim SIAL, dem 'Sana'a Institute for Arabic Language', direkt am Sai'lah. So richtig froh ist er hier auch nicht, und ich kann ihn verstehen: jeder auslaendische Studierende bezahlt pro Stunde Arabisch etwa zehn Dollar an das SIAL, Sameer erhaelt davon als Honorar nur $ 1,50. Das ist nicht so doll. Dennoch ist sein Engagement grossartig, und ich bemerke Fortschritte.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Oeffentlicher Nahverkehr
In Sana'a von einem Ort zum anderen zu kommen ist manchmal leichter als in Europa. Denn: die ganze Stadt wird von den Kleinbussen, hier im Jemen 'dabbab' genannt, angesteuert, die ja nach Groesse 7 bis knapp 20 Menschen Platz bieten.



Jeden Morgen stelle auch ich mich an die Strasse, strecke den Arm raus, sobald der erste Bus anrollt. Am besten ist es freilich, direkt neben dem Fahrer zu sitzen, denn da hat man am meisten Platz fuer die Fuesse und sieht gut. Und ausserdem muss man nicht quer durch den ganzen Bus bruellen, wenn man aussteigen will. Das ist naemlich das andere Spezifikum des arabischen Busverkehrs: Haltestellen gibt es nicht, der Bus haelt immer, wenn Leute aus- oder einsteigen wollen. Uebrigens: die Tuer wird nie zugeschoben.Wozu denn auch? Man muss sie ja sowieso gleich wieder aufmachen, wenn jemand aus- oder einsteigen will.

Die Fahrt kostet in der Stadt 20 Rial, was etwa einem Tausendstel eines Monatseinkommens entspricht. Also gemessen am Einkommen ist die recht unkomfortable Fahrt also aehnlich teuer wie ueberall auf der Welt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 14. Juli 2007
Wieder einmal: neues Haus!


Jetzt nicht mehr Altstadt, sondern aeltere Neustadt: im Ghurqat as-sin, im "Chinesischen Loch", wohne ich nun und freue mich taeglich ueber Garten und Licht. Chinesisches Loch heisst die Gegend, doch warum? Die Deutungen sind unterschiedlich und die wahrscheinlichste lautet: in den 60er und 70er Jahren, als China hier im Jemen bereits engagiert war, bauten die Chinesen die grosse Zubeiri-Strasse aus. Dabei wurde die ganze Gegend umgepfluegt und ein tiefes Loch gegraben, denn man brauchte die Erde fuer den Strassenunterbau. Das dabei entstehende Loch hatte seinen Namen.

Heute sieht man nichts mehr davon, die Gegend ist dicht bebaut, und ich freue mich jeden Tag ueber den herrlichen Garten. Aus dem Fenster sieht das dann so aus:



Das Schoenste am Garten: ein grosser Jacaranda-Baum. Er blueht violett. Seht Ihr ihn?

... link (0 Kommentare)   ... comment