Samstag, 28. Juli 2012
Entwickelt die darbende bengalische Textilindustrie!


Bisher habe ich immer geglaubt, es hier mit einem der ärmsten Länder der Erde zu tun zu haben, wo die Leichname von Menschen auf der Straße nicht weggeräumt werden (hat mir jemand erzählt, der in den 90er Jahren hier war), Kinder nach er Geburt verkrüppelt werden und alljährlich große Zyklone die Ernte wegfegen. Diese Armut, das kann ich versichern, gibt es wirklich. Doch trotz (oder vielleicht auch: wegen?) dieser Armut existiert andererseits ganz offenkundiger Reichtum. Ein Reichtum, der - anders als in den Golfstaaten, wo er nur auf Ölreichtum basiert - hier auch darauf beruht, dass Bangladesh zur globalen Web- und Schuhmacherstube geworden ist. Die Institutionen, die diesen Reichtum wiederspiegeln, heißen Bangladesh Garment Makers Association oder Bangladesh Knitting Maker Association. Selbst die Altstadt ist voll von Webwerkstätten, überall wird Stoff verkauft, der hier hergestellt wird. Eine Association (die der Garment Maker) hat sogar eine eigene Universität gegründet, wo man sich zum Textilingenieur ausbilden lassen kann (http://www.bift.info/www/index.php). Die Website sieht nicht unprofessionell aus.

Bei diesen reichen Institutionen, die eigene Gebäude besitzen, die zu beziehen sich selbst die Deutsche Bank kaum zu schade wäre, klopfen nun die Geber aller Couleur an und wollen ihr Geld loswerden. Man will ja etwas gegen die grassierende Armut tun! Die Garment Makers Association kann sich kaum retten vor Anfragen. Das Geld braucht sie nicht, aber wenn es nun mal da ist, warum dann ablehnen? Was liegt dann also näher, als Ausbildungsmodelle zu schneidern, die den Unternehmen die Ausbildung kostenlos bereitstellt? Damit wird es nämlich auch unwichtiger, vielleicht die Arbeitsbedingungen in den Fabriken zu verbessern, da - dank großzügiger Gebergelder für das arme Bangladesh - stets auf fremde Kosten neue Arbeitskräfte herangebildet werden. Ist das die grinsende Fresse des globalisierten Kapitalismus, gänzlich ungeschminkt? Öffentlich beklagen sich die Textilunternehmer dann immer, dass die Personalfluktuation so hoch sei (Wahrscheinlicher ist, dass die Näherinnen und Näher dem immensen Arbeitsdruck nicht länger als ein paar Wochen standhalten und dann entweder eine Auszeit brauchen bzw. versuchen ins Ausland zu gehen, wo sie zwar genauso viel arbeiten, aber mehr verdienen.). Das dient dazu, die Geber-finanzierte Ausbildungsmaschine weiter gut geölt zu halten.

Die Azubis auf dem Foto sitzen allerdings nicht in einer der bengalischen Maquiladoras, sondern im staatlichen Ausbildungszentrum Bangladesh-Corean TTC. Entsprechend mau ist die Ausstattung: die Maschinen sind alt, anstatt mit Stoff wird mit Papier genäht und einige der Auszubildenden kämpfen mit dem Schlaf.

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